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AutorenbildManfred Kruse

Wie ich mich beim Radfahren orientiere


Ich nehme grundsätzlich keine Landkarte bei meinen ausgedehnten Radtouren mit und habe mich trotzdem noch nie verfahren. Diese Tatsache beruht sicherlich darauf, dass ich in den letzten Jahren mir schrittweise mein Terrain, in dem ich radle, voll erschlossen und dessen Orientierungspunkte in meinem Gedächtnis gemerkt habe. Dabei kenne ich viele Nebenstrecken, auf denen nur wenig Autoverkehr herrscht, oder die Wirtschaftswege, Waldwege oder Feldwege entlang führen.

Meine Streckenführung variiere ich je nach Jahreszeit und Witterung. Bei Glatteisgefahr wähle ich z. B. Straßen, auf denen schon der Winterdienst gestreut hat. Bei geschlossener Schneedecke fahre ich hingegen gerne verschneite Feldwege entlang. Wenn es vorher ausgiebig geregnet hat und die Feldwege durch den Regen aufgeweicht sind, fahre ich lieber auf befestigten Wegen und Straßen, damit meine Kettenschaltung nicht so schnell verschmutzt. Außerdem versuche ich durch die gewählte Streckenführung das Sicherheitsrisiko zu minimieren. Bei starkem Verkehr oder bei schlechten Sichtverhältnissen weiche ich lieber auf Nebenstrecken aus.

Besonders reizvoll finde ich die Topografie meiner fränkischen Wahlheimat. Von dem Regnitztal, in dem ich wohne, zweigen das Schwabachtal und das Wiesenttal nach Osten ab, außerdem das Aurachtal und das Aischtal nach Westen. Weiter nordwärts von Baiersdorf sind es noch die Täler der Reichen Ebrach und der Rauhen Ebrach, die auch nach Westen verlaufen. Vom Wiesenttal aus geht es dann weiter in die Seitentäler, z. B. in das Trubachtal und in das Unterleinleitertal. In der Fränkischen Schweiz gibt es darüber hinaus noch weitere kleine Seitentäler mit kleinen Bächen. Anfangs bin ich nur die Täler entlang gefahren, weil ich noch nicht soviel Kondition besaß. Heute hingegen radle ich überwiegend Bergstrecken entlang und fahre über die Bergkuppen hinweg.

Es gibt dabei genügend markante Punkte im offenen Gelände, an denen ich mich orientiere. Da sind z. B. der Schornstein der Ziegelei in Neuses im Regnitztal, das Windkraftwerk auf der Anhöhe von Kasberg, die fünf Windkraftwerke auf der Anhöhe bei Oberngrub, die Kapelle in Reifenberg im Wiesenttal, der Wasserturm in Marloffstein, der Fernsehturm in Nürnberg, der Berggasthof auf dem Regensberg, die Ruine Neideck im Wiesenttal. Da ich die geografische Zuordnung dieser Geländepunkte auswendig kenne, kann ich mich auch abseits von bewohntem ausgeschildertem Gebiet zurechtfinden.

Ich radle in dem Terrain zwischen Neustadt an der Aisch bzw. Schlüsselfeld im Westen, Gößweinstein im Osten und Bamberg im Norden bzw. Nürnberg im Süden. Dabei meide ich die Städte Bamberg, Erlangen, Fürth und Nürnberg. Ich fahre lieber im ländlichen Gebiet. Dabei atme ich weniger Autoabgase ein und kann die reizvolle Landschaft genießen.

Meiner Meinung nach ist das persönliche Sicherheitsrisiko in den Städten zu groß, besonders paradoxerweise auf den Radwegen im Berufsverkehr, wo man sich normalerweise sicher fühlen sollte. Oft sind andere Radfahrer auf dem Radweg in falscher Richtung unterwegs, so dass es dann manchmal eng wird. Auch Fußgänger bei gemeinsam benutzten Fuß- und Radwegen stellen ein Sicherheitsrisiko dar oder alte Leute, die schlecht hören. Außerdem besteht die Gefahr, von abbiegenden Autofahrern in der Stadt übersehen zu werden, auch wenn man den Radweg benutzt.

Meiner Erfahrung nach fährt man auf einer Landstraße außerorts sicherer als auf einem innerstädtischen Radweg. Aber wachsam muss man immer sein als Radfahrer, sogar wenn man Feld- oder Waldwege entlang fährt, da z. B. große, überbreite, schnell fahrende Traktoren einem entgegenkommen können oder Autofahrer, die verbotswidrig fahren.

Ich finde es äußerst reizvoll, Bergstrecken zu fahren, weil ich dabei Aussichtspunkte im Gelände passiere, von denen man eine herrliche Aussicht auf die Umgebung hat. Ich kenne Stellen, von denen man in drei Täler gleichzeitig schauen kann, je nachdem in welche Richtung man sich von seinem Standort aus wendet.

Weil ich die markanten Punkte im Gelände alle kenne, kann ich in der Fernsicht auch die einzelnen Dörfer identifizieren. Teilweise kann man über Täler hinweg auf andere Berge sehen, wie z. B. das Walberla, den Hetzles oder den Lindelberg. Bei der Orientierung von einem erhöhten Aussichtspunkt aus ist es notwendig die geografische Zuordnung der Berge, Dörfer, Kirchen, Burgen, etc. zu kennen.

Anfangs bin ich immer bestimmte, erprobte Routen gefahren, die ich lange Zeit beibehalten habe. Mit zunehmender Ortskenntnis und größer werdender Kondition begann ich, gewohnte Routen zu kombinieren und neue Stecken auszuprobieren und nicht nur Täler sondern auch über Bergkuppen zu fahren. Mittlerweile bin ich konditionell bei der notwendigen Ortskenntnis in der Lage, kreuz und quer in meinem Terrain zu radeln ohne Rücksicht auf Berge oder Geländeabschnitte. Ich komme mit meinem Rad fast überall durch.

Gerade darin liegt für mich der Reiz beim Radfahren, dass ich spontan entscheiden kann, in welche Richtung ich radeln will. Ich fahre über hohe Berge, durch idyllische Täler, durch beschauliche Dörfer und genieße dabei das Naturerlebnis bei gleichzeitiger Freude an der körperlichen Bewegung.

Meine Orientierung beruht darauf, dass ich mir meine genaue Ortskenntnis, hauptsächlich in den Landkreisen Erlangen/Höchstadt bzw. Forchheim, im Laufe von mehreren Jahren schrittweise erworben habe. Die ersten Jahre bin ich mit meiner 7-Gang-Nabenschaltung gefahren, zuerst im Nahbereich bis etwa 15 Kilometer. Ich habe allmählich meinen Aktionsradius ausgeweitet, der heute etwa 40 Kilometer beträgt.

Die wichtigsten Landstraßen und Nebenstrecken bin ich bereits gefahren, viele sogar mehrfach. Wenn ich nach ein bis zwei Jahren an einen Ort komme, an dem ich bereits schon einmal war, kann ich mich sofort an die entsprechenden Örtlichkeiten erinnern. Ich habe praktisch alle notwendigen Details in meinem Gedächtnis parat, um mich ohne Landkarte in meinem Terrain zu orientieren.

Während es anfangs noch notwendig war, mich an den gelben Wegweisern zu orientieren und ich daher meistens Landstraßen entlang geradelt bin, wo diese angebracht sind, kann ich heute auch durch das offene Gelände fahren, wo sich keinerlei Wegweiser befinden. Ich gelange dabei in sehr entlegene, reizvolle Landschaften mit schönen Aussichten.

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