"Chronik meiner Großeltern, Eltern, meiner Kindheit und Jugend sowie meiner eigenen Familie" ( © 2008), Auszug aus meinem vorstehend selbst verfassten Buch:
In den 1960er Jahren machte ich eine Lehre als Starkstromelektriker bei der Klöckner Werke AG -Hüttenwerk mit Hochöfen, Stahlwerk und Walzwerken- in Bremen. Die Lehre dauerte dreieinhalb Jahre, wobei ich neben der Elektrotechnik auch die Technologie der Stahlherstellung kennen lernte, die mich sehr interessierte. Unser Lehrjahr bestand aus etwa 13 Lehrlingen. Die ersten Monate unserer Ausbildung verbrachten wir ausschließlich in der Lehrwerkstatt. Dort besaß jeder Lehrling seine eigene Werkbank. Zuerst mussten wir einen U-Stahl maßhaltig feilen. Ich habe noch genau die Ausstattung der Lehrwerkstatt vor meinem geistigen Auge. Auch die Gesichter der anderen Lehrlinge meines Lehrjahres sowie unserer Meister sind in meinem Gedächtnis konserviert. In der Werkzeugausgabe arbeitete ein Schwerbehinderter, dessen beide Arme amputiert waren und der Armprothesen trug. Ihm musste wechselweise ein Lehrling bei der Arbeit helfen. Man erzählte sich, dass er im Warmwalzwerk beim Walzenwechsel einen schweren Arbeitsunfall gehabt hatte, bei dem er beide Arme verlor.
Im ersten Lehrjahr haben wir zuerst eine Schlosserausbildung erhalten. Wir Lehrlinge wurden geschult in folgenden Bereichen: feilen, sägen, meißeln, bohren, nieten, drehen, fräsen, schweißen, schmieden. In der Mitte der Lehrwerkstatt standen große Ständerbohrmaschinen, an denen wir auch mit Emulsion als Kühl- und Gleitmittel gebohrt haben. Wir waren alle in unserem Lehrjahr bemüht, etwas von unseren Meistern zu lernen, niemand von uns ist aus der Reihe getanzt. Die Väter von vielen Lehrlingen waren ebenfalls bei Klöckner beschäftigt. In der Mittagspause sind wir in das Kantinengebäude zum Mittagessen gegangen. Die Lehrwerkstatt hatte zwei Nebenräume, die Schmiede und die Schweißerei.
In der Schmiede haben wir zuerst gelernt, wie man das Schmiedefeuer schürt, bis die Glut rot-gelb ist. Wenn der Stahl im Schmiedefeuer zu stark erhitzt wird und eine Farbe bekommt, die fast weiß ist, verbrennt er und sprüht dann wie eine Wunderkerze, er wird dann unbrauchbar. Angefacht wurde die Glut mit einem Blasebalg. Wir haben unter anderem Steinschrauben und einen Meißel mit dem Schmiedehammer auf dem Amboss geschmiedet. Wir haben auch gelernt, wie man härtet, indem man das heiße Werkstück im Öl abschreckt. Einmal habe ich mir gewaltig einen Handteller verbrannt, weil ich ein etwa 500 Grad Celsius warmes Werkstück angefasst habe, bei dieser Temperatur hat der Stahl noch keine Verfärbung, ma kann ihm also die Temperatur nicht ansehen. Ich hatte eine riesige Brandblase, die vom Unfallarzt behandelt wurde.
In der Schweißerei haben wir das Lichtbogenschweißen und das autogene Schweißen gelernt. Beim autogenen Schweißen hat man zwei mannshohe Stahlflaschen, eine mit Sauerstoff, die andere mit Azetylen. Von beiden Stahlflaschen führt jeweils über einen Druckminderer ein Schlauch zum Schweißbrenner. Das Anzünden des Schweißbrenners will schon gelernt sein. Außerdem muss die Schweißflamme die richtige Farbe sowie Form und damit die richtige Temperatur aufweisen. Geschweißt wird unter Zuhilfenahme eines Schweißdrahtes. Wir haben dünnwandige Rohre und dünne Bleche geschweißt. Es kann leicht passieren, dass es durch das Entstehen von Knallgas plötzlich knallt und ein Loch in der Schweißnaht entsteht, welches man dann wieder mühsam zu schweißen muss. Beim Lichtbogenschweißen haben wir über einen Schweißumformer oder über einen Schweiß-Trafo geschweißt. In den Elektrodenhalter wird eine der Werkstückdicke entsprechende Elektrode eingespannt. Beim Schweißen trägt man schwere Lederschürze, schwere Lederhandschuhe und hält sich mit einer Hand ein Schweißer-Schild vor das Gesicht, um sich durch den Lichtbogen die Augen nicht zu „verblitzen“ und keinen „Sonnenbrand“ zu bekommen. Wir haben die verschiedenen Schweißnähte kennen gelernt, wie Y-Naht, X-Naht, Tulpennaht, etc. Wichtig ist dabei, dass vor jeder neuen Schweißlage die Schlacke gründlich abgeklopft wird mit dem Schweißer-Hammer. Wir haben auch gelernt zu schweißen, wenn das Werkstück senkrecht eingespannt war und mussten auch über Kopf schweißen. Wichtig war, die richtige Amperezahl am Umformer oder Trafo einzustellen, damit das Werkstück nicht verbrannte.
Nach der Schlosserausbildung folgte die Elektrikerausbildung. Zuerst haben wir Elektroinstallationen auf Montagelochblechen geübt. Dabei haben wir gelernt, wie man Kabel absetzt. Zuerst wird der Kabelmantel entfernt, und dann werden die einzelnen Adern ab isoliert. Wenn die Kabel flexibel sind, werden die Ader-Enden mit Ader-Endhülsen oder
Kabelschuhen versehen. Auch lernten wir das Weichlöten mit dem Lötkolben und das Hartlöten mit der Lötlampe. Wir haben gelernt, wie man bei einem armdicken Erdkabel einen
Kabel-Endverschluss herstellt, damit das Isolier-Öl nicht ausläuft. Darüber hinaus haben uns die Meister auch in Theorie unterrichtet, in der Werksschule, und zwar in den Grundlagen der Elektrotechnik, den VDE-Vorschriften, den Unfallverhütungsvorschriften, etc. Außerdem gab es ein Zeichenbüro, wo wir unterrichtet wurden, Schlosserzeichnungen oder Elektrikerzeichnungen anzufertigen und diese auch zu lesen. Wenn wir dann herausgeschickt wurden in die einzelnen Elektrobetriebe auf dem Werksgelände, bekam jeder Lehrling seinen eigenen Werkzeugkasten.
Das Klöckner-Hüttenwerk wurde etwa von 1956 bis 1958 in Bremen neu gebaut. Das
Klöckner-Werksgelände lag direkt an der Weser und erstreckte sich über einige Quadratkilometer. Die Ausdehnung war so riesig, dass zwischen den einzelnen Werkshallen
werkseigene Güterzüge mit Diesellokomotiven fuhren. Der Produktionsablauf von damals ist
unauslöschlich in meinem Gedächtnis präsent und war, wie folgt: Klöckner besaß einen eigenen Hafen an der Weser, in dem die Erzfrachter (Seeschiffe) das Eisenerz anlandeten. Die Schiffe wurden entladen durch Hafenkräne, die am Kranhaken einen elektromagnetischen Topfmagneten montiert hatten; das Eisenerz ist ja magnetisch.
Das Eisenerz wurde sodann mit der Eisenbahn zu den Hochöfen, es gab zwei davon, gefahren, wo es bei etwa 1500 Grad Celsius geschmolzen wurde. Dazu wurde mit Koks geheizt. Das Feuer bei so einem Hochofen durfte nie ausgehen, weil er sonst zerstört worden wäre. Ein Hochofen war etwa so hoch wie der Bremer Dom. Damit die Außenwände des Hochofens nicht durch die große Hitze durchbrennen, wurde mit Wasser aus der Weser gekühlt. Der Kühlwasserverbrauch von Klöckner war etwa so groß, wie von ganz Bremen mit seinen 500.000 Einwohnern. Das Eisenerz sowie die so genannten Zuschläge wurden über einen so genannten Hunt (Schrägaufzug) nach ganz oben auf den Hochofen gefahren und dort eingefüllt. Dieser obere Bereich hieß Gicht. Die Rauchgase, die bei dem Schmelzen des Erzes entstanden, die so genannten Gichtgase, wurden verstromt, d. h. es wurde damit Elektrizität erzeugt in einem werkseigenen Kraftwerk. Der erzeugte Strom wurde in das Stromnetz der E-Loks von der Deutschen Bundesbahn eingespeist. Besonders eindrucksvoll war der Abstich am Hochofen, wenn das flüssige Roheisen unten am Hochofen abgelassen wurde und durch Rinnen aus Quarzsand in die Roheisenpfannen, die so groß wie ein Einfamilienhaus waren, floss. Die Stahlarbeiter am Hochofen trugen Asbestanzüge und Helme mit Visier, um der großen Strahlungshitze standzuhalten. Aus der Schlacke, die beim Abstich im Hochofen übrig blieb, wurde im Zementwerk Zement hergestellt.
Die Roheisenpfannen mit dem flüssigen Roheisen wurden mit der Eisenbahn zum Stahlwerk
transportiert, wo in Siemens-Martin-Öfen Stahl erzeugt wurde. Mit dem Hallenkran wurde die
riesige Roheisenpfanne auf den Haken genommen und das flüssige Roheisen in den Siemens-Martin-Ofen gekippt. Bei der Veredelung des Roheisens zu Stahl wurde der Schmelze Eisenschrott zugesetzt. Beim Abstich des Siemens-Martin-Ofens wurde der flüssige Stahl in einzelne etwa mannshohe Formen, die so genannten Kokillen, abgefüllt.
Die Kokillen wurden mit der Eisenbahn zum Warmwalzwerk gefahren. Im Warmwalzwerk wurden die Kokillen von den mittlerweile fest gewordenen Stahlblöcken mit dem Hallenkran gestrippt (abgezogen). Die Stahlblöcke wurden im Tief-Ofen auf eine Walztemperatur von etwa 1200 Grad Celsius erhitzt –der Stahl war dann von weißgelber Farbe-, um dann auf der so genannten Blockstraße zu so genannten Brammen gewalzt zu werden. Über einen Rollgang gelangten die Brammen zu der Vorstraße, wo sie zu so genanntem Halbzeug ausgewalzt wurden. Dann ging es weiter über einen Rollgang zur Fertigstraße, wo der Stahl zu Grob- bzw. Feinblech gewalzt wurde. Am Ende der Fertigstraße wurde der dann noch rot-gelb glühende Stahl mit Tonnen von Wasser pro Sekunde durch Duschen abgekühlt, bevor das Blech durch so genannte Aufhaspel aufgewickelt wurde. Die nun aufgewickelten Stahlblechspulen nannte man Coils. Die Coils gelangten in ein Zwischenlager, von dem sie mit speziellen Gabelstaplern (Bundhubwagen) zum Kaltwalzwerk gebracht wurden, wo sie weiter verarbeitet wurden, und zwar in der: Tandemstraße, Dressierstraße, Beize, Glühe, Beschichtung, Längs- bzw. Querteilanlage, Verpackung, Versand. Kunden, d. h. Abnehmer, waren z. B. der Schiffbau und die Automobilindustrie.
Da es damals noch keine Automatisierung gab, wurden die Walzstraßen und sonstigen
Fertigungseinrichtungen alle von Steuerleuten gefahren von Steuerpulten aus. Auf dem
Steuerpult hatte jeder Motor und jedes Magnetventil seinen Schalter bzw. Taster und seine
Meldeleuchte. Prozessrechner, die die Fertigung automatisch steuern, sowie heute üblich,
waren noch nicht verbreitet –der Computer war noch nicht erfunden worden. Die Steuerleute
brauchten viel Erfahrung, die Anlage zu fahren, ohne Ausschuss zu produzieren. Es wurde in drei Schichten rund um die Uhr produziert, einschließlich der Feiertage. Ich habe in sehr groben Zügen die damalige Produktionslinie geschildert, um meinen Lesern einen Eindruck zu vermitteln, warum ich als 17-Jähriger von dieser gigantischen Großindustrie so fasziniert war.
Über das Werksgelände verteilt waren die verschiedenen Elektrobetriebe, die den einzelnen
Werken zugeteilt waren, wie folgt: Hochöfen, Stahlwerk, Warmwalzwerk, Kaltwalzwerk,
Zementwerk, Zentrale Instandsetzung, etc. Diese Elektrobetriebe mussten wir Lehrlinge nach der Ausbildung in der Lehrwerkstatt alle durchlaufen. In der Zentralen Instandsetzung wurden die Elektromotoren repariert. Wenn irgendwo auf dem Werksgelände ein Elektromotor defekt war, wurde er von den in der Zentrale beschäftigten Starkstromelektrikern von der Arbeitsmaschine abgekuppelt und abgebaut. Manchmal war der Motorausbau äußerst schwierig, zumal wenn der Motor unter einer Kellerdecke montiert war, wo der Hallenkran mit seinem Kranhaken nicht mehr hinkam, dann musste z. T. mit Flaschenzügen und Muskelkraft gearbeitet werden. Ansonsten wurde der Hallenkran zum Abbau benutzt. Der defekte Motor wurde mit dem LKW zur Zentralen Instandsetzung gebracht. Von den wichtigen Motortypen gab es dort Reservemotoren, die Produktion sollte ja weitergehen, und natürlich auch Ersatzteile. Damals gab es noch viele Gleichstrommotoren, bei denen regelmäßig die Kohlebürsten gewechselt werden mussten und der Kollektor abzuschleifen war. Außerdem mussten öfters die Lager gewechselt werden, ebenso bei den Drehstrom-Asynchronmotoren. Manchmal kam es auch vor, dass die Anker oder die Spulen neu gewickelt wurden. Nach der Reparatur kamen die Motoren in das eigene Prüffeld. Von den Elektrikern der Zentralen Instandsetzung wurden auch die draußen befindlichen Lichtmasten repariert, z. B. am Erz-Hafen und an den Eisenbahnschienen entlang. Da die Lichtmasten damals meistens aus Holz waren, haben wir zum Hochklettern Steigeisen benutzt, um oben an der Mastspitze die Beleuchtung zu reparieren.
Am meisten beeindruckt haben mich die Elektrobetriebe im Warmwalzwerk, es gab dort
deren drei: Blockstraße, Vorstraße, Fertigstraße. Alle drei Walzstraßen besaßen Motorenhäuser, in denen die Gleichstrommotoren der Walzgerüste installiert waren. Die fast
meterdicken Wellen der Arbeitswalzen wurden durch die Zwischenwand geführt, die das
Motorenhaus von der Fertigungshalle trennte. Die Werkshalle des Warmwalzwerkes war
schätzungsweise einen Kilometer (!) lang, so dass wir oft mit dem Fahrrad in der Halle
gefahren sind, um schneller voran zu kommen. Im Motorenhaus gab es den Obermotor für die obere Arbeitswalze und den Untermotor für die untere Arbeitswalze. Beide Elektromotoren waren so groß wie ein Einfamilienhaus. Das Innere der Motoren war auch begehbar, um bei Wartungs- bzw. Reparaturarbeiten die defekten Teile wechseln zu können. Damals gab es noch keine Elektronik, sondern Schützengerüste, in denen sich die Schalter (Schütze) und die Steuerungen der elektrischen Stromkreise befanden. In jedem Motorenhaus waren eine Elektrowerkstatt sowie ein Aufenthaltsraum für die dort beschäftigten Elektriker vorhanden. Bei einer elektrischen Störung heulte eine Sirene im Motorenhaus. Der anwesende Schichtelektriker musste dann so schnell wie möglich die Störung beheben, damit die Produktion weiterlaufen konnte. Wenn die Störung außerhalb des Motorenhauses an der Walzstraße war, z. B. an Endschaltern, Lichtschranken, Magnetventilen, Motoren, musste man sehr aufpassen, nicht in drehende Teile, wie z. B. Wellen oder Schrottwickler zu geraten, was lebensgefährlich gewesen wäre. Damals sind auch öfters tödliche Arbeitsunfälle passiert. Es gab noch keine Sicherheitsstandards. Direkt an der Walzstraße war allein schon die große Strahlungshitze von etwa 1100 Grad Celsius gefährlich.
Unter der Walzstraße in den Kellern und Gruben tropfte das erwärmte Kühlwasser von der
Decke. Auf den Fluren waren Kühlwasserpfützen. Außerdem war es überall schmierig vom
Hydrauliköl und dreckig vom Zunder. Überall zischte, polterte, rumpelte und fauchte es, wenn die Walzstraße lief. Einmal in der Woche nur wurde die Walzstraße abgeschaltet, dann
war Wartungs- und Reparaturtag. Die Motorenhäuser hatten stets verschlossene Außentüren mit Sicherheitsschloss, damit nur die Elektriker sie betreten konnten. Die Schützengerüste 500 Volt waren in zusätzlich abschließbaren Schalthäusern untergebracht. Die Schlüssel zu der Schaltanlage 6 KV hatte nur der 1. Elektriker.
Wenn man zur Arbeit kam, hat man sich in der Kaue (Umkleideraum) umgezogen. Jeder Arbeiter hatte dort seinen Spind. Nach der Arbeit hat man sich in der Gemeinschaftsdusche geduscht. Für die Sauberkeit in der Kaue zuständig war der Kauen-Wärter (männliche Putzfrau). Da Stahl und Kohle eng zusammen gehören, sprachen wir z. T. den gleichen Jargon, wie die Kumpels unter Tage im Bergbau. Es war eine reine Männergesellschaft, in der es rau und oft deftig zuging, also nichts, wie es heute so schön heißt, für Weicheier. Wenn man zur Arbeit erschien, musste man an der Stechuhr stempeln, um die Arbeitszeit zu erfassen. Das Gleiche geschah bei Arbeitsende. Die Arbeiter mussten alle einen Sicherheitshelm tragen, die verschiedene Farben hatten, wie folgt: rot: Elektriker, blau: Schlosser, weiß: Ingenieure, etc. Außerdem war es Pflicht, säureund hitzebeständige Sicherheitsschuhe mit Stahlkappen zu tragen. In dem Motorenhaus (Elektrobetrieb EB 5) im Warmwalzwerk an der Fertigstraße, an welches ich mich am besten erinnern kann, zumal ich später dort nach der Bundeswehr gearbeitet habe, gab es einen Vorarbeiter, einen Meister, zwei Techniker und einen Ingenieur (Betriebsleiter).
Die Ausstattung dieses Motorenhauses ist in allen Einzelheiten bis heute in Bildern in meinem Gedächtnis konserviert, obwohl etwa 40 Jahre vergangen sind. Auch die akustischen Eindrücke, wie das Summen der Transformatoren oder das Klappern der Schütze sind in meinem Gedächtnis konserviert, nur um einige Beispiele zu nennen. Der schwarze Fußboden wurde von einem Hilfsarbeiter immer gebohnert, da er staubfrei sein sollte. Das Motorenhaus hatte an den Stirnseiten riesige zu öffnende Rolltore, damit bei Reparaturarbeiten der Hallenkran in das Motorenhaus fahren konnte. Da es noch keine Thyristoren (Leistungselektronik) gab, wurden zur Erzeugung der Gleichspannung für die Gleichstrommotoren rotierende Umformer (Ilgner-Sätze), bestehend aus Motor und Generator, oder Quecksilberdampfgleichrichter eingesetzt. Die Elektrowerkstatt von EB 5 sowie der Aufenthaltsraum für die Schichtelektriker sind heute noch vor meinem geistigen Auge. Bei Störung schnarrte im Aufenthaltsraum ein akustischer Melder, und ein Elektriker rückte aus, die Störung zu beheben.
Es gab drei Schichten: die Frühschicht von 6.00-14.00 Uhr, die Spätschicht von 14.00-22.00 Uhr und die Nachtschicht von 22.00-6.00 Uhr. Es wurde 10 Tage lang hintereinander gearbeitet, also auch am Sonntag, dann hatte man 4 Tage lang frei. Der 1. Elektriker (Schichtführer) hat das Schichtbuch geführt, in dem alle Störungen und alle Besonderheiten notiert wurden. Bei Schichtwechsel wurden bei der Übergabe die Einträge besprochen. Der Vorarbeiter saß mit dem Meister und den Technikern in der Meisterbude (Büro) und kam nur ab und zu mal vorbei. In der Elektrowerkstatt wurden kleinere Reparaturen durchgeführt, z. B. wurden Handleuchten oder Kabeltrommeln instand gesetzt. Manche Elektriker haben auch elektrische Geräte von zu Hause mitgebracht, die sie dort repariert haben. Einige Elektriker haben sich auch warmes Mittagessen von zu Hause im Henkelmann mitgebracht, was damals noch üblich war. Wenn die Produktion auf vollen Touren lief, haben wir oft Skat gespielt und uns unterhalten, was allerdings nicht gerne gesehen wurde, besonders in der Nachtschicht. Wenn der Ingenieur (Betriebsleiter) vorbeischaute, haben wir schleunigst alle so getan, als wenn wir zu arbeiten hätten.
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