Auszug (teilweise anonymisiert) aus meinem nachstehend selbst verfassten Buch (Kapitel 4.17 Erinnerungen an meinen alten Vater):
"Chronik meiner Großeltern, Eltern, meiner Kindheit und Jugend sowie meiner eigenen Familie" ( © 2008)
"Ich vermisse ihn so"
Mein Vater ist am XXXX, etwa zwei Jahre nach meiner Schwiegermutter, 83-jährig gestorben. Die letzten Jahre seines Lebens war mein Vater noch äußerst vital. Bedingt durch seine Jugendzeit als Knecht beim Bauern und seiner Soldatenzeit im Zweiten Weltkrieg sowie anschließender Kriegsgefangenschaft hatte er in seinem Leben schwierige Zeiten zu überstehen.
Trotzdem weckte er seinen Erzählungen nach den Eindruck, ein schönes, erfülltes und interessantes Leben geführt zu haben. Im hohen Alter hat mein Vater oft von seiner Kindheit in Osterscheps, seinem Heimatdorf, seiner Soldatenzeit und seinem Polizeidienst erzählt. Ich habe jedes Mal aufmerksam zugehört, ein Umstand, der es mir ermöglicht, diese Chronik so ausführlich schreiben zu können.
Mein Vater war zeitlebens sehr schlank und hatte dünne Beine. Er hatte, hauptsächlich auf seinem Rücken, große Leberflecke am Körper. Die letzten zwei Jahre seines Lebens hat er Hörgeräte getragen, weil er stark schwerhörig war. Nach dem Aufstehen in der Früh hat er oft gymnastische Übungen gemacht.
Mein Vater hat jeden Morgen ausführlich die Tageszeitung (Erlanger Nachrichten) studiert und von 9.00 bis 12.00 Uhr eine Fahrradtour unternommen. Im Winter oder bei schlechter Witterung ist er stattdessen spazieren gegangen. Er ist oft am Europakanal von XXXX bis nach XXXX geradelt, nach XXXX oder nach XXXXX.
Meinem Vater war es noch vergönnt, im Dezember XXXX mit meiner Mutter die Goldene Hochzeit begehen zu können. Renate und ich sowie XXXX und XXXX haben mit ihnen zusammen gefeiert. Meine Eltern haben einen großen Fresskorb mit einer Urkunde von der Stadt XXXX erhalten, den der Zweite Bürgermeister vorbeigebracht hat. Auch der Herr Pfarrer hat meine Eltern besucht. Nachmittags waren wir zum Kaffeetrinken bei meinen Eltern, und abends sind wir dann alle zusammen zum Griechen in der XXXX Altstadt Essen gegangen.
Im darauf folgenden Januar wurde bei einer Kontrolluntersuchung bei dem Hausarzt Dr. XXXX festgestellt, dass die Blutwerte von meinem Vater sehr schlecht geworden waren. Im Krankenhaus wurde dann ein Herzklappenfehler diagnostiziert. Die letzten Monate bis zu seinem Tod ging es ihm immer schlechter. Er war aber bis zuletzt nicht bettlägerig sondern hat lediglich länger geschlafen. Mein Vater ist im Gesicht rapide gealtert, so dass seine Schädelknochen sich abzeichneten. Außerdem ist er zuletzt am Handstock gegangen. Er war dann mehrere Male im Krankenhaus, in der XXXX Uniklinik und auch in XXXX, wobei wir ihn täglich besucht haben.
Mein Vater musste die letzten Monate in seinem Leben viele Medikamente einnehmen, auch Herztabletten, die sehr klein waren und die zur Einnahme zu teilen waren, weil er nämlich z. T. nur eine halbe Tablette schlucken musste. Mein Vater kam damit nicht zurecht und hat manchmal vergessen, die Tabletten zu nehmen. Einmal ist er nachts wach geworden und hat orientierungslos versehentlich seine Wohnung verlassen, so dass er sich im Treppenhaus wiederfand.
Auch wusste er öfters nicht, welchen Wochentag wir haben, was er zu Mittag gegessen, oder was er den Tag über unternommen hatte. Die letzten Tage seines Lebens hat mein Vater im XXXX Krankenhaus verbracht. Am Tag vor seinem Tod bekam mein Vater nur schwer Luft und hat beim Atmen geröchelt, als wir ihn besuchten. Seine Ärztin erklärte uns, dass sich bei ihm Wasser zwischen Herz und Lunge angesammelt hat.
In der darauffolgenden Nacht gegen 2.00 Uhr am XXXXX ist mein Vater dann unerwartet an Herzversagen verstorben. Wir wurden sofort nachts angerufen. XXXX war noch auf und ist ans Telefon gegangen und hat mich sofort geweckt. Ich habe sofort nachts meine Mutter angerufen und ihr schonend die Todesnachricht übermittelt. Danach sind Renate und ich mit XXXX und XXXX und meiner Mutter in das XXXX Krankenhaus gefahren und haben die Leiche von meinem Vater gesehen. Er lag tot im Bett auf der Intensivstation, und sein Kinn war mit einem Tuch hochgebunden, damit bei der Leichenstarre der Mund nicht offen stehen bleibt.
Wir alle fünf waren tief erschüttert, da wir trotz seiner Krankheit mit dem plötzlichen Ableben nicht gerechnet hatten. Am nächsten Morgen bin ich mit meiner Mutter zum XXXXX Beerdigungsinstitut XXXX gegangen, das sich um alles weitere kümmerte. Auch haben wir den evangelischen Pfarrer in XXXX verständigt. Bei dem Friedhof-Steinmetz XXXXX in XXXX haben meine Mutter, Renate und ich den Grabstein in Auftrag gegeben. Die Beerdigung meines Vaters war am XXXX auf dem städtischen Friedhof in XXXXX. Wir hatten dort eine Familiengrabstätte für 25 Jahre gekauft.
Bei seiner Beerdigung waren mein Schwiegervater sowie XXXX und XXXX auch anwesend. Nach der Trauerandacht sind wir zusammen zum Griechen in XXXXX Mittagessen gegangen. Bei der Bestattung waren auch unsere Nachbarn dabei, und zwar XXXX und XXXX, XXXX, die XXXXX und die XXXX. Es war eine kleine Beerdigung, und bei der Trauerfeier hat der XXXXX Kirchenchor gesungen, und der Pfarrer hat eine Predigt gehalten. Mein Vater ist in seiner Polizeiuniform beerdigt worden. Er hatte diesen Wunsch zu Lebzeiten noch geäußert.
In den darauffolgenden Wochen habe ich öfters gedacht, mein Vater kommt mir mit seinem Rad entgegen geradelt, wenn ich einen alten Mann von seiner Statur sah. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich begriffen hatte, dass mein Vater tot war und nicht mehr zurückkommt. Ich glaubte früher immer, er wird an die 100 Jahre alt, weil er so vital war.
Ich habe nach einigen Wochen das Autohaus XXXX in XXXX beauftragt, den alten VW-Polo meines Vaters aus der Tiefgarage der elterlichen Wohnung abzuholen, den ich für etwa 500 DM (Deutsche Mark) an XXXXX verkauft hatte. Da der Polo nicht mehr ansprang, er hatte monatelang gestanden, musste er fremd gestartet werden, und ich bin dann mit eigener Kraft mit dem Auto meines Vaters hinter dem Autohändler hinterhergefahren zu seinem Autohaus.
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